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Bald in Größe „medium“

Es ist geschafft! Am Freitag letzter Woche hat der Deutsche Bundestag zum ersten Mal in seiner Geschichte eine drastische Verkleinerung hinbekommen. Heute sind wir in Rekordgröße, bei 736 Abgeordneten, und nach der nächsten Bundestagswahl werden wir exakt 630 Abgeordnete sein; das ist eine Reduzierung von über 100 Leuten. Das Wahlrecht in Deutschland ist sehr kompliziert wegen der Kombination von Erst- und Zweitstimmen, und den Mechanismen, die dafür sorgen, dass trotz dieser Aufteilung eine faire und gerechte Zusammensetzung des Bundestags gewährleistet werden soll. Zunächst mal galt es, innerhalb der Ampel-Koalition einen Kompromiss zu finden. Grüne und Sozialdemokraten wollten paritätische Elemente ins Wahlrecht einbauen, also per Gesetz festlegen, dass gleich viele Männer und Frauen ins Parlament einziehen müssen. Ich habe an dieser Stelle schon mal geschrieben, dass ich nichts davon halte. Zuerst einmal sollten die Wähler entscheiden, wer er ins Parlament kommen soll, und wer nicht. Wenn sich eine neue reine Frauenpartei gründet, dann sollte sie ihre politische Chance bekommen, und nicht an solchen gesetzlichen Vorgaben scheitern. Gerade bei den Grünen kann man sehen, zu wie vielen Komplikationen und Ungerechtigkeiten es führt, wenn Listen zwingend abwechselnd nach Geschlecht aufgestellt werden müssen, denn keiner kann etwas für sein Geschlecht. OK, die Parität haben wir verhindern können, die wäre tatsächlich auch ein echtes Problem vor dem Verfassungsgericht geworden. Nun galt es aber, die CDU/CSU-Fraktion mitzunehmen, und möglichst zu versuchen, einen Kompromiss hinzubekommen, so dass eine ganz breite Mehrheit hinter der Verkleinerung des Bundestages stehen sollte. In den ersten 12 Monaten dieser Wahlperiode weigerte sich die Union komplett, überhaupt mit uns über eine Wahlrechtsreform ernsthaft zu verhandeln. Während viele CDU-Vertreter sich unter der Hand offen zeigten, verweigerte sich die CSU jeglichen Ideen. Es ist kein Wunder, denn gerade die CSU wird derzeit besonders bevorteilt vom Wahlsystem, und sorgt auch mit dafür, dass der Bundestag so gigantisch groß geworden ist. Dass die Christsozialen also alles tun würden, um Änderungen am Wahlrecht zu verhindern, war vorher absehbar. Als Ende Januar noch immer keine Ergebnisse aus diesen Gesprächen kamen, haben wir unsere Ampel-Idee in erster Lesung in den Bundestag eingebracht, um der Union zu zeigen, dass wir es ernst meinen mit der Reduzierung, und die Gespräche nicht zum Spaß dienen. Danach öffnete sich die Union, und wir haben angefangen über Details zu verhandeln. Die CDU hat von uns verlangt, dass wir die Grundmandate-Klausel abschaffen, also das Sonderrecht für Parteien, die an der 5%-Hürde scheitern. Die FDP ist 2013 mit 4,8% an der Hürde gescheitert, und ist damit aus dem Bundestag rausgeflogen. Die Linke ist zwar 2021 ebenfalls an der Hürde gescheitert, durfte aber wegen dreier Direktmandate trotzdem in voller Fraktionsstärke einziehen: diese Sonderregel ist nun auf Wunsch der CDU beseitigt worden. Außerdem forderte die CDU mehr als 598 Abgeordnete, damit die Wahrscheinlichkeit, mit relativer Mehrheit an Erststimmen doch kein Mandat zu bekommen, kleiner werden soll. Auch diesen Wunsch haben wir der Union erfüllt, und es sah eine Weile so aus, als würden sie jetzt ebenfalls zustimmen können. Leider hat in der Fraktion die CSU mit ihrer Dauer-Blockade durchgesetzt, dass keinerlei Einigung zustande kommt. So erging es auch schon vor Jahren sowohl Norbert Lammert wie auch Wolfgang Schäuble: beide Bundestags-Präsidenten hatten Arbeitskreise gebildet mit dem Ziel, den Bundestag zu verkleinern, und es waren jedesmal die Christsozialen, die deren Pläne für eine Wahlrechts-Reform verhinderten. Natürlich hätten wir weitere Monate versuchen können, mit der Union weiter zu verhandeln, um irgendwann auf einen Kompromiss zu kommen, aber die Frustration über das Verhalten war stark angewachsen. Dazu kommt, dass wir auch deutlich vor dem Wahljahr 2025 ein neues Gesetz brauchen, damit sich alle (z.B. der Bundes-Wahlleiter und die Kandidaten) darauf einstellen können, und eine juristische Überprüfung noch möglich ist. Dass irgendjemand klagt, ist bei einer drastischen Verkleinerung quasi vorprogrammiert. Ich verliere damit möglicherweise mein Mandat im Bundestag, wenn das Parlament deutlich schrumpft. Trotzdem stehe ich aus Überzeugung hinter der Reform, weil ich überzeugt bin: Es braucht keine 736 Abgeordnete im Parlament, und wenn es nur noch 630 sein werden, wird die Politik deshalb nicht schlechter. Ich habe einen anständigen Beruf gelernt und habe überhaupt kein Problem, dort wieder weiter zu machen. Aber natürlich reizt es mich, weiterhin für die Freiheit zu kämpfen!