Der Waldhof

Mehr Natur geht nicht

Der im Niedernhausener Ortsteil gelegene Waldhof Niederseelbach ist schon längst kein regionaler Geheimtipp mehr, sondern ist mittlerweile weit über die Grenzen der Taunusregion für die Qualität seiner Erzeugnisse bekannt. Der landwirtschaftliche Betrieb, der sich aus den drei Betriebszweigen Pensionspferdehaltung, Direktvermarktung der erzeugten Produkte und der Reitschule zusammensetzt, feiert 2024 sein zehnjähriges Jubiläum unter der Führung von Nils Faigle. Der Pensionsbetrieb bildete bis dato das Rückgrat des Hofes, jedoch ist die Direktvermarktung – mit Sicht auf die stetig wachsende Nachfrage nach nachhaltig produzierten, naturnahen und regionalen Produkten – mehr und mehr der Hauptzweig des Betriebes. Der Waldhof ist etwas außerhalb von Niederseelbach angesiedelt und hat eine Fläche von ca.6800m², auf denen Maschinenhalle, Aufzuchtstall, der große Rinderoffenstall und das Verarbeitungshaus untergebracht sind. Des Weiteren befindet sich ein großer Rinderstall mit angrenzender Weide auf dem Areal und bietet dadurch optimale Bedingungen für die Mutterkühe und ihre Nachzucht. Die Aufgaben des Betriebes umfasst die Landschaftspflege, die Jagd- und Forstwirtschaft und auch die Bewirtschaftung der Streuobstwiesen und so betreut man aktuell knapp 240 Hektar Grünfläche und Ackerland. Die Flächen werden ökologisch bewirtschaftet, um die Erzeugung hochwertiger und natürlicher Futtermittel für die Tiere auf dem Waldhof zu gewährleisten. Seit Anfang Oktober 2022 bewirtschaftet Faigle zusätzlich die Flächen rund um den Gassenbacher Hof in idstein auf ökologischer Basis und nutzt auch den dort angrenzenden Rinderstall. Aktuell beschränkt sich die Direktvermarktung auf den Hofladen am Waldhof und auf einzelne Verkaufsautomaten in der Region, die beliefert werden. Mit den neuen, zusätzlichen Flächen und dem großzügig angelegten Rinderstall möchte Faigle den bestehenden Betrieb und somit auch die Direktvermarktung, vergrößern. Im Rahmen einer ausgewogenen Fruchtfolge werden auch Marktfrüchte wie Winterweizen, Sommergerste, Hafer, Triticale und Sonnenblumen angebaut, sowie Silomais und Zuckerhirse für die Rindermast. Auch Kleegras dient als Futter für die Rinderherde. Zusätzlich wird Stickstoff im Boden angereichert und Wurzelunkräuter wirkungsvoll bekämpft. Danach kann der im Boden angereicherte Stickstoff für die Folgekulturen genutzt werden. Durch einen regelmäßigen Wechsel von Sommerungen und Winterungen wird die mechanische Unkrautbekämpfung erleichtert und der Übertragung von Krankheiten vorgebeugt. Mais, Ackerbohne, Hafer und Gerste können direkt wieder auf dem Hof als Futtermittel eingesetzt werden und sind somit regional und nachhaltig genutzt. Dadurch wird die Futterversorgung der Tiere auf einem breiten Fundament gewährleistet und man ist auch unabhängig von Zukäufen und Trockenperioden. Faigles Fokus im Ackerbau liegt auf einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Flächen, man strebt eine breite Fruchtfolge an und ersetzt, Mineraldüngemittel durch Stallmist. Des Weiteren werden Blühstreifen zur Steigerung der Artenvielfalt und zum Erhalt von Nützlingen angelegt. Der Anbau von Zwischenfrüchten trägt zu einem langfristigen Humusaufbau und der Nährstoffspeicherung bei.

Auf dem Hof leben zur Zeit etwa 220 Rinder verschiedener Rassen. Laut Erhebung des statistischen Bundesamts leben in Deutschland rund 12,6 Millionen Rinder. Fast 97% des Gesamtbestands verteilen sich auf die Rassen Schwarz- und Rotbunte sowie Fleck- und Braunvieh. Nils Faigle setzt sich hier jedoch von der Masse ab und legt seinen Schwerpunkt auf die Haltung und Zucht von in Deutschland seltener anzutreffenden Rinderarten und Kreuzungen. Zu seinem Bestand zählen unter anderem Piemonteser, Galloway- sowie Wagyurinder.

Seit 2022 besteht eine Kooperation mit dem Rehscheider Hof, ein Naturland Betrieb aus dem Hunsrück, mit Fokus auf eine Mutter-Kalb bezogene Aufzucht. Hier bezieht man die Absetzer für die Endmast. Um die Qualität und die Vielfalt des Fleisches zu sichern und vielmehr ein Zeichen für die Regionalität zu setzen, wurde im Jahr 2018 das Projekt „Taunus – Wagyu“ ins Leben gerufen. Wagyu ist unter den Steak-Raritäten wohl die bekannteste. Die ursprünglich aus Japan stammenden Rinder neigen wie kein anderes Rind zur Einlagerung von intramuskulärem Fett. Die Fleischstruktur ist dadurch so zart und sukkulent wie bei keiner anderen Rasse. Mit einer wachsenden Züchterszene in Europa ist einheimisches Wagyu immer flächendeckender verfügbar. Wer noch nie Wagyu gegessen hat, wird überrascht sein, wie zart und saftig ein Stück Fleisch sein kann. Somit zählt das Fleisch der Wagyurinder und -kreuzungen (F1 bis F4) zum exklusivsten Rindfleisch weltweit. Eine optimale Marmorierung bilden Wagyurinder im Alter von 30 bis 36 Monaten. Diese Zeit wird den Tieren auf dem Waldhof gegeben, um eine einzigartige Marmorierung zu erzielen. Dies macht die Aufzucht dieser Tiere jedoch besonders aufwendig. Schlachtreif sind die Rinder ab einem Alter von 36 Monaten. Eine schonende und stressfreie Schlachtung ist enorm wichtig, denn nur ausgeruhte Tiere besitzen genug Glykogen (Muskelzucker), welches wichtig für die Milchsäurebildung ist. Die Milchsäure steuert den pH-Wert des Fleisches und bestimmt den Reifegrad. Dies bedeutet: Je entspannter und ruhiger ein Tier bei der Schlachtung ist, desto zarter und optimaler gereift ist das Fleisch. Um solch ein Ziel zu erreichen, ist es wichtig von Geburt an bis zur Aufzucht und letzendlich bis hin zur Schlachtung, viel Zeit, Verständnis und Fürsorge in die Tiere zu investieren.

Das Piemonteser Rind stammt aus Nordwestitalien. Die äußerst ruhige Rasse zeichnet sich durch einen hohen Anteil an wertvollen Fleischpartien aus. Piemonteser bilden bei eher geringerem Knochenanteil mehr Muskelfleisch und weniger Fett. Die Muskeln wachsen schnell und lagern viel Protein ein, bilden aber gleichzeitig nur wenig Fett und Bindegewebe. Das Fleisch ist sehr mager, kaum marmoriert und besitzt so gut wie keinen Fettrand. Der geringe Anteil an Bindegewebe ist der Grund für die Zartheit des Fleisches. Piemonteserfleisch ist leicht verdaulich, saftig und sehr aromatisch im Geschmack.

Die Direktvermarktung seiner Erzeugnisse steht unter dem Motto „Mehr Natur geht nicht“. Die Nachfrage nach regionalen und naturnahen Produkten ist mittlerweile kontinuierlich am Steigen, wobei es den Verbrauchern hier vor allem auf Frische, Nachhaltigkeit und Tierwohl ankommt. Seine Tiere leben unter optimalen Haltungsbedingungen, werden mit selbst angebautem Futter versorgt und werden stressfrei auf die Schlachtung vorbereitet. 

Die im Hofladen angebotenen Erzeugnisse zeichnen sich durch ihre Vielfalt aus und stehen für Frische und Qualität. Ständig wechselnde Fleischvariationen sowie saisonale Produkte bieten dem Kunden eine breite Palette an. Fleischcuts wie T-Bone, Tomahawk,Portehouse,Flanksteak,Brisket,Skirt oder Entrcôte lassen das Herz jedes Feinschmeckers höher schlagen. Neben dem Fleisch gibt es unter anderem frische Eier von den hofeigenen Freilandhühnern, Kartoffeln, Honig, Apfelsaft/-wein aus der Region. Genaue Informationen zu den angebotenen Produkten kann man der Homepage entnehmen (www.hofladen-waldhof-niedernhausen.de). Der hofeigene Laden hat aktuell jeden Freitag (15 bis 18 Uhr) und Samstag (9 bis 13 Uhr) geöffnet, ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle. 

Nicht gesucht, aber trotzdem gefunden

Seit 2021 arbeitet Nils Faigle mit dem Niederauroffer Gasthaus „Zum Haubental“ zusammen. In dem bekannten, urigen Restaurant achtet man schon immer auf Qualität und bezieht daher 80% der verarbeiteten Produkte aus regionaler Herkunft. Christian Kadesch verwendet für seine Burgerpatties ausschließlich Wagyu-Rinderhackfleisch vom Waldhof. Die Qualität des Fleisches macht jeden Burger zu einem unvergesslichen Geschmackserlebnis und unterstützt somit auch die heimische Landwirtschaft. Kennengelernt haben sich die beiden zufällig im Hofladen des Waldhofes. Kadesch wollte Fleisch für sein Restaurant und die damals neu angebotenen Grillkurse kaufen und kam mit Nils Faigle ins Gespräch. Die Grundlage für eine gute und zukünftige Zusammenarbeit war geschaffen und man arbeitet mittlerweile eng zusammen. Faigle beliefert das Restaurant, die vom „Haubental“ in Niederauroff aufgestellte Food Box und die regelmäßig stattfindenden Grillkurse mit seinem Fleisch. Aktuell bietet man im gesamten April eine Sonderkarte mit verschiedenen Steakcuts und BBQ Leckereien des Niederseelbacher Hofes an. Im Gegenzug beliefert und ergänzt Kadesch den Hofladen mit seinen Produkten, darunter BBQ Soßen, Grillgewürze und auch Frischwaren im Glas wie zum Beispiel Rahmwirsing. Erstmals finden die von den BBQ Brothers durchgeführten Grillkurse am 2.und 3. September 2023 auf dem Waldhof in Niederseelbach statt. Interessierte können sich über den Hofladen einen Platz sichern und bekommen zum Thema „alles rund um das Wagyu“, einen ganztägigen Einblick in die Fleisch-Welt des Edelrindes – ganz unter dem Motto, von der Weide auf den Teller. Vom 6.-8. Oktober plant der Waldhof ein Hoffest mit buntem Rahmenprogramm. Besucher können sich auf jeden Fall schon auf Fleischspezialitäten des Waldhofes freuen, die von den BBQ Brothers zubereitet werden. 

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Sebastian Leuchter