„Die Raser gehören auf die Rennstrecke!“

Leiterin der Polizeidirektion Rheingau-Taunus Eva Hertel und Landrat Frank Kilian erläutern die Präventionskampagne / Motorradfahrer im Fokus / Manipulierte Motoren und ohrenbetäubender Lärm

Ganz schnell drosseln die Biker mit Kennzeichen aus der näheren und weiteren Umgebung das Tempo und schalten mindestens einen Gang zurück, als sie den Polizeiwagen erblicken. An der Kreuzung Reitallee / Königsbergerstraße in Bad Schwalbach steht ein Polizeiwagen mit eingeschaltetem Blaulicht. Die Biker sind gewarnt und verhalten sich vorbildlich. Doch das Blaulicht kündigt keine Kontrolle an, sondern warnt nur vor dem außergewöhnlichen Ort einer Pressekonferenz der Leiterin der Polizeidirektion Rheingau-Taunus, Eva Hertel, und Landrat Frank Kilian. In dieser geht es gerade um Biker; vor allem um jene „schwarzen Schafe“, die mit deutlich zu lauten Maschinen auf den beliebten Strecken – wie das Aar- oder das Wispertal – freitags und an Wochenenden unterwegs sind.

Zudem dient die Reitallee als ein gutes Beispiel, wie ein Anwohner verrät: „Im Sommer können sie kaum wegen des ohrenbetäubenden Lärms auf dem Balkon der Häuser sitzen. Stünde die Polizei heute nicht hier, würden die Biker kurz nach Bad Schwalbach die Motoren ihrer Zweiräder richtig aufheulen lassen. „Da verstehen sie kein Wort mehr“, berichtet er. Ein weiterer Anwohner erzählt: „An manchen Tagen fahren die Biker im Kreis – die Reitallee hoch und wieder runter! Da ist Kreisverkehr angesagt.“ Seitdem die Polizei Kontrollen auf der Reitallee durchführt, „wurde es deutlich besser“, lobt er die Arbeit der Polizei.

Hertel und Kilian nutzen das Gespräch mit der Presse, um einerseits auf die neue, hessenweite Kampagne der Polizei hinzuweisen, andererseits aber auch deutlich zu machen, dass es Kontrollen der Polizei gibt, um jene aus dem Verkehr zu fischen, die ihre Motorräder technisch manipuliert haben. Es geht des Weiteren um Sicherheitsaspekte. Im ersten Halbjahr 2020 gab es bereits zwei tote Motorradfahrer im Kreisgebiet. „Im gesamten Jahr 2019 ereigneten sich sechs Verkehrsunfälle, bei denen jeweils eine Person tödlich verletzt wurde. In vier Fällen kamen Motorradfahrer und in einem weiteren Fall eine Mitfahrerin auf einem Motorrad ums Leben“, berichtet Eva Hertel: „Jeder Todesfall ist einer zu viel!“

Mit ihrer Präventionskampagne wendet sich die Polizei direkt an die Biker. Banner mit der Aufschrift „Du hast es in der Hand!“ zieren nun auch den Bereich an der Reitallee und der Königsbergerstraße. Auf manchen Bannern findet sich auch der provokante Untersatz: „Überlasse nichts dem Unfall!“ Hertel wie Landrat Kilian appellieren dann auch an die Biker, sich an die Regeln zu halten, Geschwindigkeitseinschränkungen zu akzeptieren und die Straße nicht als Rennstrecke zu missbrauchen. „Die Raser gehören auf die Rennstrecke!“, so Eva Hertel.

Doch nicht alleine das Thema „Sicherheit“ steht im Vordergrund des Gespräches. Eva Hertel: „Der Rheingau-Taunus-Kreis ist landschaftlich besonders ansprechend und mit dem Aartal sowie der Wisper-Strecke für Motorradfahrer ein reizvolles Ausflugsziel.“ Es gelte aber auch hier: „Mit manipulierten Maschinen tragen ‚schwarze Schafe‘ unter den vielen Bikern zu einer erhöhten Lärmbelästigung der Anwohner bei.“ Das sei auch das Ergebnis von Kontrollen der Polizei. Eva Hertel: „Wir haben bereits 500 Motorräder im ersten Halbjahr 2020 kontrolliert. Davon mussten wir etwa zehn Prozent aus technischen Gründen beanstanden.“

„In den Gesprächen mit Bikern höre ich immer wieder, dass sich die überwiegende Zahl an die Regeln und Vorgaben halten“, so Landrat Kilian. Ein geringer Anteil von zehn Prozent der Biker gehöre aber zu den „schwarzen Schafen“. Deshalb plädiert der Landrat dafür, Gespräche mit allen Beteiligten zu führen, um laute Maschinen aus dem Straßenverkehr zu verbannen. Gleichzeitig erinnerte Kilian an seine Initiative, Displays in Kommunen zu installieren, auf denen die Dezibel-Werte des gemessenen Motoradlärms aufleuchten. Scheinbar nehmen viele Motorradfahrer wegen des Helms die Lautstärke des Zweirades nicht wahr. Die aufleuchtenden Werte nehmen Biker laut eines Modellprojektes in Baden-Württemberg aber zur Kenntnis und verändern ihr Verhalten daraufhin.

Eva Hertel wie Frank Kilian betonten zudem, dass die Sperrung von beliebten Biker-Strecken „die Ultima Ratio ist“. „Wir wollen den Fahrspaß nicht untersagen“, betonen beide. Es gehe vorerst weiter darum, an die oft genannten, „schwarzen Schafe“ einen letzten Appell zu richten, sich regelkonform zu verhalten. Um deren Verhalten zu überprüfen, gibt es auch weiterhin verstärkte Kontrollen der Polizei. „Wir beobachten die Situation auf unseren Straßen sehr genau“, versprach Landrat Frank Kilian. Dabei setzt die Polizei auch auf zivile Dienst-Motorräder. Zudem sollten „heizende Biker“ auch den Rückspiegel im Auge behalten. Denn oft werden nun auch Aufnahmen von der rückwärtigen Seite gefertigt.

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Die Leiterin der Polizeidirektion Rheingau-Taunus, Eva Hertel, und Landrat Frank Kilian erläuterten die Präventionskampagne der Polizei. Foto: Pressestelle