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Energie für den Winter

Erdgas wird ein knappes Gut. Unabhängig davon, ob die EU ein Einfuhr-Verbot beschließen wird, oder ob uns Putin den Gas-Hahn zudreht, wir müssen mit mehreren Szenarien rechnen. Mit erneuerbaren Energien sind wir in Deutschland schon recht weit, aber weil Sonnen- und Windstrom nur sporadisch verfügbar ist, basiert unsere Energieversorgung noch immer zum größten Teil aus sogenannten grundlastfähigen Kraftwerken, also einer Stromproduktion, die unabhängig vom Wetter ist. Insbesondere im Winter, wenn die Sonne nicht scheint und aus Photovoltaik-Anlagen nichts zu gewinnen ist, dann springen große Gas-Turbinen ein, die schnell hoch und runterfahren können, um Strom zu produzieren. Unser Problem: Gas wird aller Voraussicht nach sehr knapp. Unsere Gasspeicher sind fast leer, und ob und wie wir sie im Sommer gefüllt werden, steht in den Sternen. Wenn wir im nächsten Winter Erdgas rationieren müssen, dann müssen wir priorisieren, wer noch Gas bekommt, und wer nicht. Dann stehen Entscheidungen an wie die, ob das große Chemie-Werk heruntergefahren wird mit allen Konsequenzen für die Arbeitsplätze und die Anlagen, die dabei kaputtgehen, oder ob Wohngebiete vorübergehend kein Gas mehr bekommen. Es steht noch nicht fest, ob wir in diese Situation kommen, aber die Wahrscheinlichkeit steigt derzeit an. Wenn wir Gas rationieren müssen, dann ist es sicher die schlechteste Nutzung, Gas in Turbinen zur Strom-Produktion zu verfeuern, wenn wir Strom noch aus anderen grundlastfähigen Kraftwerken produzieren könnten. Die Politik hat entschieden, zum Ende dieses Jahrs komplett aus der Atomkraft auszusteigen, und diesen Weg will grundsätzlich auch keine demokratische Partei verlassen. Es sind noch drei Kernkraftwerke, die in Betrieb sind, die erheblichen Anteile an der Stromproduktion in Deutschland haben, und die an Silvester 2022 planmäßig ihre letzten Kilowattstunden abliefern. Ich halte es für sinnvoll, dass wir so lange, bis die Gasversorgung wieder stabil geklärt ist, alle Anstrengungen unternehmen, um unsere Stromversorgung abzusichern, und die Abschaltung von Kohlekraftwerken und die letzten drei AKW‘s ausnahmsweise vorübergehend aussetzen wo immer es möglich ist, um keine Experimente mit der deutschen Energieversorgung zu betreiben. Als regierungstragende Partei müssen wir alle Szenarien verantwortungsvoll durchdenken, um vorbereitet zu sein. Dieser Vorschlag ist keine Abkehr vom Beschluss, aus der Atomkraft und aus der Kohleverstromung komplett auszusteigen, es ist ausdrücklich nur eine Maßnahme zur Absicherung in der jetzigen Kriegs-Situation. Die Atommüll-Endlagerfrage ist noch nicht gelöst, und sie ist ein Problem; aber ob noch ein oder zwei Behälter mehr oder weniger zwischengelagert werden müssen bis zur Lösung der Endlagerfrage, ändert an der Problematik insgesamt auch nichts mehr. Wenn wir jetzt zwei Winter lang frieren müssten, oder gar die Höchst-Werke oder die BASF herunterfahren müssen und die Produktion einstellen müssen, dann kriegen wir hier in Deutschland ganz andere Probleme. Langfristig arbeiten wir weiter daran, Solar- und Windstrom in Form von Wasserstoff zu speichern, und damit ganz von der fossilen und nuklearen Stromerzeugung wegzukommen. Aber dieser Weg ist noch eine weite Strecke, und wir müssen für die nächsten Winter nun verantwortungsvoll die Vorbereitungen treffen.