„Partnerschaftsgewalt geht alle an“

„Partnerschaftsgewalt geht alle an“

Fortsetzung des Forschungsprojektes „AusWege“ der Hochschule RheinMain in Kooperation mit dem Rheingau-Taunus-Kreis

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung bis Juli 2024 geförderte Praxisforschungsprojekt „Aufs Spiel setzen: neue Wege der Prävention und Hilfe bei Gewalt in Paarbeziehungen im ländlichen Raum (AusWege)“ am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule RheinMain geht in Kooperation mit dem Rheingau-Taunus-Kreis der Frage nach, wie es gelingen kann, die Problematik der Partnerschaftsgewalt, die überwiegend, wenn auch nicht ausnahmslos Frauen betrifft, zu enttabuisieren. „Gleichzeitig geht es darum eine breite Öffentlichkeit für die gravierenden gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Folgen dieser Gewalt auf Betroffene, deren soziales Umfeld und das Gemeinwesen zu sensibilisieren“, betont die Leiterin des Gesamtprojektes, Prof. Dr. Regina-Maria Dackweiler.

Um dies zu erreichen, entwickelt das interdisziplinäre Forschungsteam neue Ansätze und Methoden, unter anderem die mehrjährige, multidimensionale Öffentlichkeitskampagne „Partnerschaftsgewalt geht alle an“, die unter Schirmherrschaft von Landrat Frank Kilian vom Rheingau-Taunus-Kreis im November 2021 startete. Der zweite Teil der Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto „Familie – (k)ein sicherer Ort?!“ beleuchtet die Situation von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kindern. Angesiedelt sind die drei Veranstaltungen, die alle in Geisenheim stattfinden, rund um die im Monat Mai begangenen Gedenk- und Feiertage mit Familienbezug wie den Mutter- und den Vatertag sowie den Internationalen Tag der Familie.

Als Auftakt der Reihe im Mai 2022 präsentiert das Projektteam von AusWege gemeinsam mit den Caritas- Facheinrichtungen für Gewaltschutz im Rheingau-Taunus-Kreis einen Interaktiven Informationsstand auf dem Geisenheimer „Frühlingserwachen“. Der Stand bietet am Samstag, 7. Mai 2022, von 12.00 bis 22.00 Uhr allen Gästen zahlreiche Möglichkeiten, sich mit dem Thema Partnerschaftsgewalt auseinanderzusetzen. Bei interaktiven Aktionen kann das eigene Verständnis von Gewalt erfahrbar werden.

Was ist eigentlich Gewalt in der Paarbeziehung und wo fängt diese an? Welche Form von Gewalt, insbesondere körperliche und psychische Partnerschaftgewalt, empfinde ich als besonders gravierend oder als weniger bedeutsam? Wie könn(t)en wir alle betroffenen Familien helfen? Diese und viele weitere Fragen können auch persönlich mit den anwesenden Fachkräften aus dem Gewaltschutz und den Wissenschaftlerinnen der Hochschule diskutiert werden. Prof. Dackweiler: „Der Stand bietet natürlich auch zahlreiche Informationen über Partnerschaftsgewalt und über professionelle Hilfen für Betroffene und Angehörige. Begleitend wird eine Auswahl von Plakaten aus der Reihe „Kunst gegen Gewalt an Frauen“ des Wiesbadener Vereins wif e.V. (Begegnung & Beratung) gezeigt“. „Mit dem Informationsstand machen wir darauf aufmerksam, dass wir alle betroffene Familien kennen – wenn wir die Anzeichen für Gewalt wahrnehmen möchten“, berichtet die Projektleiterin von der Hochschule RheinMain und: „Gleichzeitig gibt es so vielfältige Möglichkeiten, zu helfen und zu unterstützen. Auch kleine Gesten bewirken viel.“

Am Sonntag, 15. Mai 2022 wird um 11 Uhr zur Matinée im Lindentheater der Spielfilm „Der Taucher“ (FSK 16) von Günter Schwaiger erstmals in einem Kino in Hessen gezeigt: Der Film erzählt die Geschichte eines durch Gewalt in der Paarbeziehung ausgelösten Traumas aus den unterschiedlichen Perspektiven der von der Gewalt betroffenen Frau, ihrer Tochter, des Mannes und seines Sohnes. Jede Perspektive steht für einen bestimmten Umgang mit der Gewalterfahrung, wie Leugnen, Verdrängen, Widerstand und Resignation. Eigentlich ist die Wienerin Irene eine starke und selbstbewusste Frau. Sie lebt mit ihrer 18-jährigen Tochter Lena auf Ibiza, die beiden haben ein inniges Verhältnis.

Eines Tages kehrt Irenes früherer Partner, der Komponist und Musiker Paul, mit seinem Sohn Robert nach Ibiza zurück. Pauls Weltkarriere ist in Gefahr, weil er demnächst vor Gericht stehen soll, nachdem er Irene schwer misshandelt hatte. Paul versucht daher, auf Irene mit allen Mitteln einzuwirken und sie zu manipulieren, damit sie ihre Anzeige zurückzieht. Fast scheint es, dass er damit Erfolg hat, da stellen sich sein Sohn Robert und Lena gegen ihn. Im Anschluss an den Film führt Rudolf Worschech, leitender Redakteur des epd Film, mit dem zugeschalteten österreichischen Regisseur Günter Schwaiger ein Filmgespräch und lädt zur Diskussion ein.

Den Abschluss der Kampagne bildet eine Lesung aus dem Jugendbuch „You are not safe here“ von Kyrie McCauley. Der Übersetzer des Romans, Dr. Uwe-Michael Gutzschhahn, liest am Mittwoch, 18. Mai 2022, ab 19 Uhr im Kulturtreff „Die Scheune“ in Geisenheim. Gutzschhahn sowie Fachkräfte aus dem Gewaltschutz und dem wissenschaftlichen Projekt stehen anschließend für Fragen und Diskussion zur Verfügung. Der Roman beschreibt den Alltag mit einem gewalttätigen Vater aus der Sicht der 17-jährigen Leighton. Leighton fühlt sich dafür verantwortlich, ihre Mutter und ihre beiden jüngeren Schwestern vor der Gewalt ihres Vaters zu beschützen. Gleichzeitig möchte sie das Leben einer „normalen“ Jugendlichen führen und Pläne für ihre eigene Zukunft schmieden.

„McCauley macht für uns spürbar, wie stark Kinder von Partnerschaftsgewalt mitbetroffen sind, welche Ängste sie ausstehen müssen und wie das ihren gesamten Alltag beeinträchtigt“, berichtet Projektleiterin Prof. Dr. Reinhild Schäfer. „Der Roman führt uns auch sehr deutlich vor Augen, wie gefährlich diese Form von Gewalt ist: Leighton muss sich immer wieder fragen, ob ihre Mutter die Attacken überlebt und befürchtet, dass ihr Vater die ganze Familie töten könnte.“ Begleitend werden alle Plakate aus der Reihe „Kunst gegen Gewalt an Frauen“ des Wiesbadener Vereins wif e.V. gezeigt. Der Förderverein des Hauses für Frauen in Not bietet einen kleinen Imbiss und Getränke zu Gunsten des Frauenhauses an. Alle Veranstaltungen sind kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Kontakt: Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Angela Merkle angela.merkle@hs-rm.de Sandra Rauchstädt sandra.rauchstaedt@hs-rm.de