Ultranet

Ultranet – die Leitung wird jetzt noch lauter !

Unter der Überschrift zu dieser neuen Lage hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Niedernhausen.Eppstein e.V. Politiker aus den großen Fraktionen des Landtags, Bürgermeister Reimann und interessierte Bürger zum 10. Ultranet-Forum am Dienstag den 13.Sep. in die Autalhalle eingeladen. Vor ca. 180 Besuchern stellten sich die Landtagsabgeordneten Kaya Kinkel (B90/die Grünen), Stefan Müller (FDP) und Marius Weiß (SPD) den Fragen und Anregungen von Bürgern und der BI Umweltschutz N.E. e.V.

Die Agenda führte mit mehreren Beiträgen in die aktuelle Lage ein. Wie berichtet, hatte bereits das Land Hessen und WiMin Al-Wazir die Fachplanungsentscheidung der Bundesnetzagentur abgelehnt und weiterhin schriftlich eine Verschwenkung von Ultranet aus den Wohngebieten gefordert. Bislang beharrt die BNetzA aber stur auf Ihrer Entscheidung, die Bestandsmasten in Niedernhausen, auf dem Schäfersberg und in Eppstein zu verstärken und um ca.  10 m zu erhöhen und die Mehrbelastung insbesondere durch Lärm bei schönem Wetter in Radio-Lautstärke den Bürgern zuzumuten.

Aktueller Anlass des Forums war die kürzliche erfolgte Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und des Netzausbau- und Beschleunigungsgesetzes im Juli 2022, in dem die Regierungsfraktionen in Berlin sowohl die Genehmigung des Ausbaus von vorhandenen Leitungen wesentlich vereinfacht haben – eine Fachplanung zur Optimierung der Trassenführung ist teilweise nicht mehr notwendig – als auch die zulässigen Lärmemissionen der Leitungen massiv nach oben gesetzt haben. Die TA-Lärm, die jeder Bürger und jedes Unternehmen in Deutschland zum Schutz der Gesundheit der Bürger einhalten muss, wurde für den Netzbetreiber Amprion außer Kraft gesetzt. Wie berichtet wird die Gleichstromübertragungsleitung Ultranet sehr viel lauter als die bisherige Wechselstromleitung. Ab diesem Jahr darf sie durch die aktuelle Gesetzesänderung sogar Lärm bis zu Staubsauger-Lautstärke emittieren. Die BI Umweltschutz N.E. e.V. sprach von einem Schlag vor den Kopf der Bürger und einer willkürlichen Gesetzgebung, die in einer demokratischen Gesellschaft bisher für nicht möglich gehalten wurde.

Bürgermeister Reimann ließ sich deshalb auch nicht nehmen, seine persönliche Betroffenheit über diese Gesetzesänderung zum Ausdruck zu bringen und bekräftigte den Beschluss der Gemeinde Niedernhausen gegen die Genehmigung der Leitung durch die Wohngebiete zu klagen. RA Bauer von der Rechtsanwaltkanzlei w2k, dem Rechtsbeistand der Gemeinde und der BI Umweltschutz N.E. e.V. schätzt die Aussichten auf Erfolg der Klage besonders auch durch eine nachweisliche Einflussnahme des Wirtschaftsministeriums vor der Energiekrise auf die Entscheidung der BNetzA als gut ein. Gemeinde und BI Umweltschutz N.E. e.V. hätten deutlich gemacht, auf eine Klage zu verzichten, wenn die Vorschläge zu einer Verschwenkung der Leitung beachtet würden. Dies mache die ablehnende Haltung der BNetzA besonders unverständlich. Ein nachträgliches Aushebeln der bisher gesetzlich vorgeschriebenen Fachplanung widerspreche dem Prinzip der Gewaltenteilung. „So schafft man Politikverdrossenheit“ wetterte RA Bauer. Eine nachvollziehbare Genehmigungsentscheidung sowie die notwendige inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorschlägen von Kommune und Land würden abgewürgt.

Alle anwesenden Landtagsabgeordneten brachten ihr Unverständnis für die aktuelle Gesetzesänderung zum Ausdruck. MdL K. Kinkel führte aus, jetzt gelte es in die Zukunft zu schauen und an einer nachträglichen Verschwenkung aller Leitungen zu arbeiten. Von einigen sichtbar frustrierten Bürgern wurde dieser Vorschlag der Politik allerdings als Augenwischerei betitelt und lautstark mit Unmutsäußerungen bedacht. Man habe große Sorge, dass nach der bisherigen Vernachlässigung der Vorschläge der Bürger, der Kommunen und des Landes Hessen im Fachplanungsverfahren, der Vorschlag nach einer nachträglichen Verschwenkung blanker Zynismus sei.

Umso mehr verlange man jetzt von Land und Bund klare gesetzgeberische Maßnahmen, um eine nachträgliche Verschwenkung tatsächlich möglich zu machen und den Schutz der Siedlungsgebiete und der Gesundheit der Bürger bei Hochspannungsleitungen ganz nach oben zu stellen. Der Vorschlag zu nachträglichen Verschwenkungen, der auch von Berliner Abgeordneten bereits an die BI Umweltschutz N.E. e.V. herangetragen worden war, wurde trotz der bisherigen schlechten Erfahrungen bereits aufgegriffen. Die Vertreter der BI Umweltschutz N.E. e.V. hatten insgesamt drei sehr detaillierte Forderungen für notwendige Gesetzesänderungen formuliert und legten diese den anwesenden Politikern ausführlich dar. Diese gelte es jetzt umzusetzen.

Für die angelaufene Planfeststellung sieht sich die BI gut gewappnet und bereitet sich mit der Gemeinde auf eine juristische Auseinandersetzung vor, für deren Erfolg man gute Chancen sieht. Unabhängig davon arbeitet die BI weiter an mastenfreien Wohngebieten und an einer Verlagerung des Umspannwerks. Das Angebot an die BNetzA zum Klageverzicht bei Realisierung einer Verschwenkung stehe weiterhin offen, wie betont wurde.