Engagierte Debatte um Energiewende und Umwelt
In einem Zwischenbericht der Verwaltung lagen der Gemeindevertretung am vergangenen Mittwoch Empfehlungen vor, zunächst diese – nun vorgelegten – Untersuchung zur Kenntnis zu nehmen – so auch geschehen. Dann aber ergaben sich erhebliche Unterschiede der Fraktionen in der Auslegung, ob und wie Windkraft auf Vorranggebieten 2-359 in Kooperation mit der Stadt Eppstein, in 2-384a mit Idstein und dem Hessenforst sowie 2-385 auf Niedernhausener Gemeindegebiet voran getrieben werden solle. Hintergrund der Untersuchung sind Beschlüsse der Gemeindevertretung aus dem Jahre 2021 und 2022, die den Niedernhausener Handlungsspielraum zum Klimaschutz/Energiewende und der Nutzung von Wind- und Solarkraft beleuchten und aktiv beeinflussen sollte.
Dass die „Energie- und Wärmewende“, wie Tobias Vogel (SPD) ausführte, mit dem Ausstieg aus der Verwertung fossiler Energie drängender als je zuvor ist, waren sich als dringende Aufgabe der öffentlichen Daseinsfürsorge in der nun folgenden Debatte alle einig. Aber wie, eben nicht. Eine Aufgabe also, so Tobias Vogel weiter, weg vom „Brennstoffmarkt“ hin zum „Technikmarkt“ mit Wind, Sonne oder Geothermie zu gehen. Nach dem Zwischenbericht sei es möglich, auf den 4 Vorranggebieten bis zu 8 Windkraftanlagen mit etwa 120 Gigawattstunden zu errichten und zu betreiben. Dreimal so viel als der aktuelle Strombedarf der Gemeinde es erfordert – um eben das Ziel der Gemeinde, im Jahre 2030 auf Gemeindegebiet – bei wachsendem Strombedarf – so viel Strom zu erzeugen wie gebraucht wird, zu erreichen. In einem Änderungsantrag fordert die SPD-Fraktion, der zunächst abgelehnten Entwicklung der Windvorranggebieten (s.o.) zuzustimmen und – zusätzlich zu den positiven Rückmeldungen der Städte Idstein, Eppstein und dem Hessenforst – die Stellungnahme von Taunusstein abzuwarten. Solar- und Windkraft ergänzen sich zur Energieversorgung und müssten, so schließt Tobias Vogel, mit frühzeitiger Beteiligung der Bürgerschaft entschieden werden.
Den doch erheblichen Waldverlust zur Erstellung von Windrädern, ja Windparks, den Dr. Gerald Kroha (CDU) akribisch vorrechnet, gelte es zu vermeiden. Wälder seien unersetzbar für das Klima und deren Zerstörung durch die Entwaldung – auch weltweit – geradezu kontraproduktiv für einen Stopp des Klimawandels. 5.000 Bäume müssten fallen, sollten die beschriebenen Vorrangflächen für die Windenergie genutzt werden. Da gebe es doch die ausgedehnten Kalamitätsflächen, auf denen nach Dürre und Käferbefall jetzt keine Bäume mehr stünden. Zumal auf den Höhen, wo der Wind mehr weht als in den Senken, weiß er. Und appelliert am Mut und Kreativität, eine Zerstörung unserer forstlichen „Erholungswelt“ zu verhindern.
Eine Blockade der so notwendigen Entwicklung von Windkraft werde, so meint Rainer Brosi (Grüne/Bündnis90), mit einer Neubewertung der geeigneten Flächen wieder mal die Folge sein. Es sei schon genügend Zeit durch politische „Verzögerungen“ verloren gegangen. Ein „Ja“ schon zu der Einbeziehung von Kalamitätsflächen bei der Nutzung von Windkraft, sieht er, aber lehnt jedes weitere politische Hinhalten als dem Klimawandel schädlich und einen „Bärendienst“ für die folgenden Generationen ab. Jetzt „vorankommen und umsetzen“ fordert er die Fraktionen zur Zustimmung auf. Es sei doch keine abschließende Entscheidung heute vorgesehen, erinnerte Manfred Hirt, und verweist auf Daten und Fakten in dem Bericht. Weniger Ideologie, die er bei der CDU sieht, mehr Sachlichkeit und Respekt für die Vorlage, fordert er. Und erinnert an die Anfechtbarkeit und rechtliche Problematik, sollten Änderungen beschlossen werden.
Einen Beschluss zur Weichenstellung wünscht sich auch Tobias Vogel, der genügend „baumfreie“ Flächen auf dem „Hohen Wald“ und dem „Taunuskamm“ sieht. Und der CDU vorwirft, ihr Biotopargument sei „substanzlos“. Es sei „Sand in die Augen gestreut“, erwidert Lothar Metternich (CDU), wenn jetzt Tempo gefordert würde. Von bis zu 5 Jahren werde kein Windrad produzieren und heutige Energie- Probleme lösen. Und verweist auf einen Beschluss des Regierungspräsidenten in Darmstadt, keine Windräder zuzulassen, wenn nicht Kalamitätsflächen auf Vorranggebiete liegen. Ob denn die CDU sich mal in Heidenrod, auf deren Gebiet sich Windräder in größerer Zahl – und mit weit weniger Flächenverbrauch – drehen, informiert habe, fragt Monika Schneider (WGN).
An die Position des Ortsbeirates Niederseelbach erinnerte Martin Brömser (CDU), der sehr wohl an Alternativen zur vorliegenden „Planung“ von knapp 240 ha Waldfläche – davon 120 ha im Bereich Niederseelbach am Hang nach Idstein – sieht. Ein „Horror“ sei das für Niederseelbach und bemängelt die Einbeziehung und Beteiligung der Niederseelbacher Bürgerschaft.
Schließlich, nach einer Unterbrechung der Sitzung durch Befragung des Ältestenrates, die Abstimmung. Bei einem Patt (16 Ja- und 16 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen) wurde Punkt 2 des Zwischenberichtes mit der Dynamik angegebenen der Vorrangflächen abgelehnt. Ebenso – mit gleichem Ergebnis – „Vorrangflächen zu prüfen“. Nur dem Punkt, Niederseelbach mit weiterer Energieerzeugung nach dem Solarpark auszuschließen, wurde mit großer Mehrheit zugestimmt. Der Antrag der CDU zu einer erneuten Prüfung der Windkraftvorrangflächen wurde mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Eberhard HeyneNeyne