„Wir müssen die Entwicklung bei den Infektionen in den kommenden Wochen realistisch betrachten“

Verwaltungsstab des Kreises diskutiert kontrovers über die beschlossenen Lockerungen der Corona-Regeln / „Sehr gemischte Gefühle“

„Sehr gemischte Gefühle“ haben die angekündigten Lockerungen der Corona-Regelungen, die zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch, 6. Mai, vereinbart wurden, bei den Mitgliedern des Verwaltungsstabes des Rheingau-Taunus-Kreises in der turnusgemäßen Sitzung am Donnerstagmorgen. 7. Mai, hervorgerufen. Ob die Lockerungen zu früh kommen, müssten die nahe Zukunft zeigen, was den Leiter des Verwaltungsstabes, Landrat Frank Kilian, wiederum, zu der Aussage veranlasste: „Wir müssen die Entwicklung bei den Infektionen in den kommenden zwei Wochen realistisch betrachten und sehr wachsam sein.“ Einig waren sich die Mitglieder des Stabes in der Einschätzung: „Die Gefahr ist noch nicht vorbei! Wir sind noch lange nicht raus aus der Pandemie.“

Der Maßstab weiteren Handelns sei nun die Zahl der Menschen, die sich neu mit dem Corona-Virus anstecken. Kilian: „Durch unsere gemeinschaftlichen Anstrengungen ist es uns gelungen, die Zahl der Neuinfizierten drastisch zu senken.“ Um zu diesem Rückgang zu gelangen, mussten Einschnitte und Beschränkungen im gesellschaftlichen Leben, „die jeden von uns betrafen und auch persönlich getroffen haben“, so Kilian, erfolgen. Diese Einschränkungen zeigten auch Erfolg. Das lässt sich auch an der Statistik nachweisen, wie Dr. Renate Wilhelm, Leiterin des Kreis-Gesundheitsamtes, betont: „Am 23. März, dem Tag des „Lockdowns“, verzeichnete der Kreis mit 55 Corona-Virus-Patienten den Höchststand. Am heutigen Donnerstag, 7. Mai, sind es 15 bestätigte Corona-Fälle.“ „Die Ende März von Bund und Land gemeinsam eingeleiteten Maßnahmen haben sich somit bewährt“, ergänzt Gesundheits-Dezernentin Monika Merkert.

„Die Einschnitte in die Freiheitsrechte, die Be- und Einschränkungen dienten aber dem übergeordneten Schutzgut: Das Virus sollte sich nicht weiter ausbreiten und schlussendlich das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährden“, sagt der Landrat. Hier mussten Staat und Politik das Gemeinwohl im Auge behalten und das ging in dieser Pandemie mit dem noch nie da gewesenen Ausmaß vor Einzelinteressen, waren sich die Mitglieder des Verwaltungsstabes einig, die gespannt auf die Lockerungen in Hessen warten. Als positiv bewertet wurde, dass Kontaktbeschränkungen als wesentliches Element der Eindämmungsstrategie bis mindestens 5. Juni gelten. Es gibt jedoch auch in diesem Bereich Lockerungen: „Wir dürfen begrenzt wieder andere Menschen treffen, die nicht mit uns zusammenwohnen!“ Auch der von der hessischen Landesregierung vorgelegte Katalog an Maßnahmen müsse sich in der Realität bewähren, und nicht zu steigenden Infektionszahlen führen.

Landrat Kilian: „Bund und Land haben die zahlreichen Verordnungen erlassen, die die Schließung von Geschäften, Hotels, Gaststätten und Firmen hier im Kreis wie bundesweit, von Kindertagesstätten und Schulen, die Einschränkung der Kontakte zwischen den Menschen untereinander und vielem mehr zum Inhalt hatten. Diese Verordnungen können nun wiederum alleine von Bund und Land aufgehoben werden. Dies geschieht nun auch in Hessen.“ Der Rheingau-Taunus-Kreis ist zur Aufhebung der Bundes- und Landes-Verordnungen gar nicht befugt, weshalb er in den vergangenen Wochen auch zu Unrecht die Zielscheibe des Ärgers vieler Bürger war. „Kreis und Kommunen sind nur das ausführende Organ“, ergänzt der Rüdesheimer Bürgermeister Klaus Zapp. „Der Kreis oder ich als Landrat können ein geschlossenes Geschäft oder einen verriegelten Spielpatz nicht einfach wieder ohne Erlaubnis von Bund oder Land öffnen“, so der Landrat.

Kopfzerbrechen bereitet dem Verwaltungsstab eine im Beschluss von Bundes- und Landesregierungen festgelegte Zahl. In dem Papier heißt es: „Deshalb werden die Länder sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten sieben Tage sofort ein konsequentes Beschränkungskonzept unter Einbeziehung der zuständigen Landesbehörden umgesetzt wird“. Für den Rheingau-Taunus-Kreis bedeutet dies  94 Neuinfektionen in einer Woche. „Eine solche hohe Zahl kann das Kreisgesundheitsamt mit dem vorhandenen Personalstand überhaupt nicht mehr stemmen“, sagt dessen Leiterin Dr. Renate Wilhelm dazu und weiter: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit schon am Rande ihrer Leistungsfähigkeit! Seit über acht Wochen sind sie täglich gefordert – auch an den Feiertagen und am Wochenende sowie einige Mal auch nachts.“ Eine solche Ausbreitung des Virus, die „niemand herbeireden möchte“, hätte natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf das Versorgungsgebiet 5 mit der Landeshauptstadt Wiesbaden und den beiden Landkreisen Rheingau-Taunus und Limburg-Weilburg.

Landrat Kilian und Gesundheits-Dezernentin Monika Merkert appellieren deshalb auch inständig an die Landesregierung, „sich ihrer Verpflichtungen, die in dem Beschlusspapier niedergelegt sind, nicht zu entziehen.“ „Dann brauchen wir die Unterstützung des zuständigen Gesundheitsministeriums in Wiesbaden“, so Kilian und Merkert. Damit der derzeitige Corona-Modus schrittweise und nach exakter Analyse beendet werden kann, gilt selbstverständlich weiter der Hinweis auf die Hygieneregeln: „Halten Sie mindestens 1,5 Meter Abstand zum Nebenmann/-frau. Vermeiden Sie Berührungen. Tragen Sie auch weiterhin die Mund-Nasen-Schutzmasken. Reinigen Sie Ihre Hände mit Wasser und Seife 20 Sekunden lang, wann immer es geht. Halten Sie die Hände vom Gesicht fern.“ Mit den einfachen Maßnahmen kann jeder dazu beitragen, sich selbst und andere vor Infektionskrankheiten zu schützen. „Dann wird auch die Zahl der Neuinfektionen auf einem niedrigen Niveau hier im Rheingau-Taunus-Kreis bleiben. Dafür haben wir in den vergangenen Wochen größte Anstrengungen unternommen“, betont Landrat Frank Kilian abschließend.