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Teure Zeiten

Die Inflation in Deutschland bleibt weiter hoch, 5% waren es im Januar. Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), hatte uns monatelang ihre Einschätzung mitgeteilt, dass der Preisauftrieb nichts mit ihrer Geldvermehrung zu tun hätte, und nur temporärer Natur sei. Nun kommt sie mit dieser Argumentation nicht länger durch, die Teuerung bleibt weiterhin so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Die amerikanische Notenbank FED hat vor wenigen Tagen angekündigt, die Zinsen für den US-Dollar in diesem Jahr mehrfach anzuheben, um die Inflation zu bekämpfen. Die FED kauft auch keine Anleihen mehr, um den Markt mit Geld zu fluten. Auch die britische Notenbank hat vergangene Woche angekündigt, ihre Zinsen anzuheben, um der Teuerung des britischen Pfunds entgegen zu wirken. Während also andere Notenbanken ihren Aufgaben nachkommen, weigert sich die Verantwortliche für unsere europäische Währung weiterhin, die Realität zur Kenntnis zu nehmen und ihren Job zu tun. Die neue Ausrede für Madame Lagarde ist jetzt der Ölpreis, der für unsere Inflation verantwortlich sei, aber den könne sie ja nicht beeinflussen. Also lässt sie die Zinsen unverändert, denkt noch nicht einmal über eine Erhöhung nach, und kauft auch weiter gigantische Anleihen-Volumina, um damit frisch gedruckte Euro-Geldscheine in den Markt zu drücken. Der Auftrag der EZB ist laut ihrem Statut die Preisstabilität, also weder Deflation noch Inflation zu befördern, sondern den Geldwert der Bürgerinnen und Bürger stabil zu halten. Lagarde interpretiert dies um und will bewusst 2% Inflation als ihr offizielles Ziel erreichen, und 5% Teuerung machen ihr dabei überhaupt keine Sorgen. Bei 5% Inflation verliert Bargeld innerhalb von 10 Jahren mehr als die Hälfte seiner Kaufkraft. Wir werden in diesem Jahr heiße Tarifauseinandersetzungen erleben, und das mit Recht: Die Beschäftigten werden den Kaufkraftverlust nicht länger aus eigener Tasche bezahlen. Hohe Lohnkostensteigerungen werden den Preisauftrieb dann weiter anheizen, denn die höheren Löhne werden über teurere Produkte und teurere Dienstleistungen bezahlt werden. Wer Aktien oder Immobilien besitzt, den betrifft die Inflation praktisch nicht, im Gegenteil, denn Sachwerte haben in den letzten Jahren enorm an Wert gewonnen. Wer am härtesten getroffen wird sind Menschen, die lediglich Bargeld besitzen. Wer sich von seiner knappen Rente ein paar Groschen auf die Seite legt, um für schlechte Zeiten vorzusorgen, der hat in 10 Jahren weniger als die Hälfte seines Geldwerts übrig. Das macht die Inflation so extrem unsozial. Der ständige Ruf nach Steuererhöhungen zum Ausgleich der zunehmenden Schere zwischen Arm und Reich sollte also besser gezielt in Richtung EZB-Tower in Frankfurt gerichtet werden, um die wirklichen Verursacher zu treffen. Die Notenbank ist von der Politik unabhängig, und das hat gute Gründe aus historischer Erfahrung. Die Politik muss aber Mittel an die Hand bekommen, der Notenbank bei vorsätzlichem Verstoß gegen die eigene Satzung ihre Schranken aufzuzeigen. Es kann nicht sein, dass eine EZB-Präsidentin, die nie demokratisch gewählt wurde, eigenmächtig und ohne jegliche Konsequenzen soziale Schieflagen verursachen darf.