Sammeln lohnt ?

Sammelleidenschaft führt zu einer Schatzkiste von Dingen

Um zu glauben, was mit Hingabe, Geduld und Hartnäckigkeit beim Sammeln möglich ist, müsste sich die in über 40 Jahren zusammengetragenen „Schätze“ von Gerhard Wagner in Oberjosbach ansehen. Die, die es getan haben, waren nicht nur über die bunte Vielfalt und Zahl der Objekte beeindruckt, sondern auch darin einig, dass man Wochen brauchen würde, um alles zu sichten. Nicht so der Sammler – er versicherte glaubhaft, über jedes einzelne der Abertausende von Werbematerialien als Produktbeigaben in Figuren, Plakaten, Medaillen, Blätter, Spiele, Bastelvorlagen, Sammelbögen und -bildern usw. von ihrer Herkunft und ihren Lagerplatz in seinen Vitrinen, Schränken und Hunderten von Schubladen Bescheid zu wissen. Und dabei versichert, nur Einzelstücke und keine Dubletten aufzubewahren. Eine Sammlung, die im gesamten Dachgeschoss des Wohnhauses von Gerhard Wagner untergebracht ist und die Flure über 3 Etagen und die Zimmer als Wohnambiente beherrscht. Ab etwa Ende des 19.Jahrhunderts haben sich Firmen Werbebeilagen für ihre Produkte einfallen lassen – um den Absatz ihrer Produkte anzukurbeln. Man glaubt es kaum, was den Herstellern von Konsumartikeln da so eingefallen ist. Also über 150 Jahre – teils besonders originelle – Produktwerbung ist in der Sammlung von Gerhard Wagner zu besichtigen.

Als kleiner Junge, so erzählt der Sammler, habe er die ersten Margarinefiguren von Sanella, Cleverstolz oder Elbgau in der Hand gehabt und – wie so viele andere Kinder – Mama angefleht, nur diese Marken zu kaufen. Andere Firmen – wie für Tabak, Schuhcreme oder Lebensmittel – zogen nach und entfesselten einen Beilagen-Krieg, der ca. 1957 wegen der hohen Kosten in einer Kartellvereinbarung der Unternehmen gestoppt wurde. Einige Firmen, wie Erdal, Sarotti oder Bärenmarke machten aber weiter und so füllte sich nach und nach Schuhkarton um Schuhkarton. Auch in der Schulzeit verlor sich die Sammelleidenschaft nicht – hinzukamen Reservistenpfeifen, Petroleumlampen und Münzen. Im Alter von etwa Mitte 20 flammte nach einem Flohmarktbesuch die alte Leidenschaft wieder auf. Von da an war der Sonntagvormittag für Flohmärkte reserviert. Zudem wurde mit Sammlerfreunden getauscht und Suchanzeigen in Sammerzeitungen gestartet. Das „Beuteschema“, so lachte Gerhard Wagner, konzentrierte sich nun auf die Werbebeigaben, eben alles, was für eine Produktwerbung verschenkt wurde. Malvorlagen, Bastelbögen, alle Arten und Serien von Figuren aus Papier, Kunststoff oder Metall, schneeweiß oder bunt. Eine Werbezeitreise ab etwa dem Jahr 1880 mit den Kaufmanns- und Liebigbildern aus Gründerzeit und Jugendstil, aus art decó, dem 3. Reich oder Flower Power bis Moderne – jede Epoche habe ihren eigenen Stil bei der Gestaltung von Werbeartikeln, weiß Gerhard Wagner.

Ein Werbeaufdruck auf Kartenspielen, Mini-Näh-Set, auf Adventskalender oder Brettspielen, Postkarten und Stundenplänen, auf Masken, Comics oder Romanheftchen, auf Blechlittos, Sammelbildalben oder Schlüsselanhänger bis hin zu mannshohen Werbefiguren sei entscheidend und wird „einsortiert“. Da findet sich beispielsweise der Esso-Max oder -Tiger, der HB-Bruno, Sarotti-Mohr, die Milka-Kuh, die Südzucker-Susi oder das 3-Glockenmädchen. Die „Ikonen der Werbung“ sind „Opfer“ seiner intensiven Sammelleidenschaft, die seit rund 40 Jahren unvermindert anhält. Eine Komplettierung seiner Sammlung sei nicht sein Sammelziel, meint der Sammler, ihm sei die Vielfalt der Dinge und damit auch der Nachweis von Kreativität in der Produktwerbung wichtig.

Gerhard Wagner, nach dem möglichen späteren Verbleib seiner Sammlung gefragt – die in ihrem Volumen Umzugslastzüge füllen würde – ist sich da nicht so über eine neue Heimat seiner Sammlung sicher. Er hofft, dass sich eine Institution für Produkt- oder Industriegeschichte oder ein Museum für Produktwerbung interessiert, evtl. auch ein Gebäude mit dem Nachweis der Produktwerbung im Rückblick der Geschichte, wie der Hessenpark finden wird. Jedenfalls, so die einhellige Ansicht der Besucher, dürfe die Einmaligkeit dieser Sammlung als ein Lebenswerk nicht „zerrissen“ werden.

Eberhard Heyne

Bildunterschrift:  Sammler Gerhard Wagner bei der Prüfung neuer Sammelobjekte