Windkraft hier – wie ist die Energiewende zu erreichen?
Das Thema Klimakrise und wie man ihr in Niedernhausen begegnen kann, bestimmte einen großen Raum in den Debatten der letzten Sitzung der Gemeindevertretung am vergangenen Mittwoch. Anlass waren 3 Anträge der CDU sowie der 4 Fraktionen SPD, WGN, Grüne und OLN mit 2 fraktionslosen Gemeindevertretern zu der Frage, wie den im Jahre 2013 erklärten Klimazielen mit einer Energiewende im Gemeindegebiet entsprochen werden könne. Davon später mehr.
Zur Sitzung konnte der Vorsitzende Alexander Müller die gymnasialen Klassen 9a und b der Theißtalschule mit ihrer Klassenlehrerin Gudrun Söhne und der Schulleiterin Konstanze Kreutzer begrüßen. Zunächst beriet sich der Ältestenrat – auf Antrag von Lothar Metternich (CDU) – wie in der Debatte um das Gerichtsverfahren Oehler vs. Gemeindevertretung (Gemeindewahl) zu verfahren sei. Man einigte sich auf Befangenheit von Martin Oehler (OLN), der dann der Debatte fernblieb. Zu seiner Anfrage, so die Stellungnahmen des Bürgermeisters, ginge es um ein laufendes Gerichtsverfahren, zu dem das Gericht weitere Nachfragen äußerte und der Kläger auf eine mündliche Verhandlung bestanden habe.
Bürgermeister Joachim Reimann teilte mit, dass sich die Bundesnetzagentur weitgehend für die von Betreiber Amprion vorgestellte Ultranettrasse entschieden hat und damit alle anderen – mit viel Arbeit – vorgeschlagenen Varianten ablehnte. Er habe rechtliche Zweifel und beabsichtige, mit anderen Kommunen Klage einzureichen. Am 3. Juni 2022 ist in der Bürgerfragestunde im Rathaus die „Schutzfrau vor Ort“, Polizeihauptkommissarin Hatun Deitz, anwesend und beantwortet Fragen der Bürger/innen. In Niedernhausen waren 138 geflüchtete Ukrainer/innen – großteils privat – untergekommnen, inzwischen seien wieder 12 Personen abgereist, gab der Bürgermeister bekannt. Für 5 Stück E-Ladesäulen im Gemeindegebiet sind die Standorte festgelegt und dafür Fördermittel beantragt, wurde eine Anfrage der WGN beantwortet. Die OLN beantragt nach einer beantworteten Anfrage zum aktuellen Zustand der Fläche die Wiederherstellung der KfZ-Abstellflächen an der Autalhalle in Richtung Queckenmühle. Dem wurde nach Räumung der Erdablagerungen seit Mitte Mai entsprochen.
Mit großer Mehrheit lehnten die Gemeindevertreter einer von Monika Schneider (WGN) beantragten Vertagung um den Bebauungsplan „Solarpark Niederseelbach“ mit einer Änderung des Flächennutzungsplanes/Geltungsbereiches ab. Damit verbunden ist der Erwerb von 2 Grundstücken im Bereich der geplanten Photovoltaikfreiflächenanlage von Niederseelbach. Mit 25 Ja- bei 8 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung wurde den beiden Anträgen entsprochen.
Zu Klimaschutzmaßnahmen in Niedernhausen bat die CDU-Fraktion um Prüfung zur Errichtung von Windkraftanlagen bis 50 Meter Höhe in der Gemarkung, der Förderung von Solaranlagen auf gemeindlichen und privaten Hausdächern sowie Wärmepumpen in Heizungsanlagen, die Geothermie-Potentiale im Taunus und ob eine finanzielle Beteiligung der Bürger/innen an Projekten für Erneuerbare Energien möglich ist. Man sei nicht generell gegen die Windkraft, bevorzuge aber einen technisch möglichen Energie-Mix. Eine Rodung von Wald für den Bau von Windkraftanlagen lehne die CDU ab. Innovative Energieerzeugung und -speicherung in „kleinen Aktivitäten“ gemeinsam zu nutzen, so begründete Dr. Gerald Kroha (CDU) den Antrag, könnte mit seinen technischen Lösungen den Wald schützen und den Klimaschutz umsetzen. Da wünschte sich Tobias Vogel (SPD) eine größere Präzisierung der Vorschläge – der Antrag sei ihm zu „unbestimmt“ und noch kein „schlüssiges“ Konzept. Ein „Feigenblatt für die Öffentlichkeit“ sei der Antragspunkt, man sei ja für die Windkraft, nur nicht in den Niedernhausener Wäldern. Die gemeindliche Förderung von Solarstromspeicher sei gut und das würde die SPD unterstützen. Mit 28 Ja-Stimmen wurde der CDU-Antrag angenommen.
Einen weiteren CDU-Antrag für einen „Bürgerentscheid Windkraft“ begründete Heiko Wettengl mit der Wichtigkeit des Themas und der derzeitigen kontroversen Diskussion „Rodungen für Windräder im Niedernhausener Wald“. Und dem Wunsch der CDU, Bürger und Bürgerinnen zu solch „grundlegenden Entscheidungen auch für kommende Generationen mitzunehmen“. Die Klimakrise sei für jeden sichtbar, kommentierte Manfred Hirt (fraktionslos) und verweist auf offene Flächen im Wald, auf denen tote Fichten standen. Auch Bäume für Energie zu opfern können den Wald retten, meint er. Ob denn dieser Antrag der CDU nach der HGO rechtlich zulässig sein, fragt Kornelia Schmidt (Grüne) und verweist auf vorgeschriebene Fristen der Umsetzung. Angesichts der erkennbaren Aussichtslosigkeit auf eine notwendige 2/3-Mehrheit im Plenum nahm die CDU schließlich den Antrag zurück.
Eine fast leidenschaftliche Debatte drehte sich um den ergänzten Prüfantrag der 4 Fraktionen mit den fraktionslosen Vertretern Doris Michels und Manfred Hirt. Im „Rückenwind für die Niedernhausener Energiewende“ wird Zustimmung zu den Klimazielen der Bundesregierung, eine Prüfung zur Machbarkeit von Windkraftanlagen, Aufhebung des Ausschlusses der Nutzung von Windenergie auf dem Taunuskamm vom Dezember 2013 und eine Annäherung an die Klimaschutzziele vom August 2021 der Bundesregierung auf einem „verschärften Zielpfad“ gefordert. Doris Michels sagt, dass sie das Ergebnis der Prüfung zur Grundlage ihrer Entscheidung zu diesem Thema machen werde. Nils Oestreich (WGN) weist auf die Notwendigkeit hin, nun in Verantwortung für die kommende Generation schnell zu handeln, um die 1,5 Grad Grenze einzuhalten. Klimaneutralität muss mit einem Klimamanagement als Chefsache in einem veränderten Konzept von 2013 umgehend angepackt werden, sagt Monika Schneider (WGN). Während sich Sylvia Hofmann (FDP) standhaft zum Erhalt und Schutz des Waldes ohne Windräder zeigt. Und fragt, wie Kraniche, die jedes Jahr über den Taunuskamm ziehen, bei 250 Meter hohen Rädern gefährdet sein werden. Heiko Wettengl (CDU) erinnert an die Rodung von ca. 10.000 qm Fläche, die ein einziges Windrad erfordert und sieht Offshore-Windräder mit umweltschonendem Transport nach Süden für die bessere Lösung. Und die Energiewende so effizient zu gestalten, dass keine Umweltzerstörung mit wertvollem Wald die Folge ist. Auch Dr. Gerald Kroha (CDU) favorisiert alternative Techniken und verweist auf NABU und Greenpeace, die den Wert des Waldes für die Umwelt unterstreichen. Fast leidenschaftlich fordert er die „Bürgerpflicht gegen Waldzerstörung“.
Priorität zum Klimaschutz habe aber die erneuerbare Energie, meint Ann-Kathrin Koch (SPD) und Stefan Hauf (Grüne) meint, der Erzeugungs-Mix von Energie ist richtig aber ohne Windkraft ginge es nicht. Und schließlich wirft Martin Oehler (OLN) der CDU vor, zu den heutigen Gegebenheiten „nichts gelernt zu haben“. In der Abstimmung zeigte sich dann eine deutliche Mehrheit zu Klimaschutzmaßnahmen und einer Prüfung zur Niedernhausener Energiewende.
Eberhard Heyne