Das Kerngeschäft bleibt die Beratung von Menschen mit Pflegebedarf
Das Kompetenzzentrum Pflege hat die Räume in der Tannenwaldklinik in Bad Schwalbach bezogen / Mehr Möglichkeiten für Fortbildungs-, Infoveranstaltungen und Ausstellungen
Längst ist der Notstand in der Pflege „kein verdrängtes Problem“ mehr, über das geschwiegen wird, weshalb wiederum kaum noch jemand die Aussage anzweifelt, dass die „Pflege auf dem Zahnfleisch geht“. Denn die Lebenserwartung und Alterung steigt hierzulande, wodurch das Thema Pflege an Bedeutung gewinnt. In der Konsequenz wächst seit vielen Jahren die Zahl der Pflegebedürftigen, die wegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten dauerhafter Hilfe bedürfen. Doch das fehlende Personal in den Pflegeberufen ist nur die eine Seite der Problematik, der stetig steigende Beratungsbedarf in einer älter werdenden Gesellschaft eine andere. Dafür gilt es die passenden Antworten und Lösungen zu finden und zu präsentieren. Schließlich hat sich das Leistungs- und Unterstützungsangebot im Bereich Pflege in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt, wurde sehr komplex. Die Vielfalt der Möglichkeiten macht es jedoch auch schwieriger zu überblicken, welche Formen der Unterstützung hilfreich und verfügbar sind. Zudem umfasst der Begriff Pflege nicht nur Menschen im fortgeschrittenen Alter, sondern auch Kinder und Jugendliche mit einem Pflegebedarf oder beispielsweise auch Menschen mit Demenz.
Damit Betroffene in einer persönlich schwierigen Zeit den Überblick behalten können, richtete der Rheingau-Taunus-Kreis das Kompetenzzentrum Pflege, eine Weiterentwicklung des parallel dazu fortbestehenden Pflegestützpunktes Rheingau-Taunus, ein. „Wir streben an, noch schlagkräftiger zu werden, weil wir primär vorhandene Synergieeffekt nutzen können. Wir bündeln das vielfältige Wissen und die Kompetenz der Mitarbeitenden beider Einrichtungen und mit Hilfe aus dem Bereich Sozialhilfe auf engem Raum und stellen uns damit breitgefächert auf“, betonen Ellen Philipp und Carmen Mathias, beide Mitarbeiterinnen im Kompetenzzentrum, im Gespräch.
Der Fachdienst Soziales erfüllt damit den Auftrag des Kreistages, ein Kompetenzzentrum Pflege zu etablieren, in dem der Pflegestützpunkt ausgebaut, ergänzt und weiterentwickelt wird. Das Konzept wurde im vergangenen Jahr erarbeitet. Nun da auch die räumlichen Voraussetzungen geschaffen sind, geht es an die Umsetzung des Konzeptes, an dem schon seit längerem gearbeitet wurde. „Das Kompetenzzentrum soll als Beratungs- und erste Anlaufstelle für Menschen mit Pflegebedarf dienen, eine wichtige Plattform für den Wissens- und Informationstransfer sein sowie eine Begegnungsstätte für alle, die mit dem Thema Pflege zu tun haben“, betonen die Mitarbeiterinnen.
Der Umzug vom Kreishaus in die Tannenwaldklinik am Martha-Opel-Weg in Bad Schwalbach ist vollzogen. Jetzt geht es laut Ellen Philipp an die Feinjustierung des Konzeptes und der darin enthaltenen Angebote. In den neuen Räumen ist dafür genug Platz vorgesehen. Denn schließlich geht es um ein sehr komplexes Thema – von den gesetzlichen Regelungen über den Einsatz von Pflegediensten bis hin zu den modernen Hilfsmitteln. „Die Anfragen zeigen uns, dass der Bedarf da ist und wir mit unseren umfangreichen Kenntnissen den Betroffenen einen Überblick verschaffen können“, berichtet das Team. Die Koordinatorin weist auf Beispiele hin.
„Ende vergangenen Jahres wurde eine Anfrage an uns gerichtet, ob wir eine Fortbildung via Video zum Thema ‚Plötzlich Pflegefall – Was nun?‘ anbieten können“, so Carmen Mathias. Sie konnte. Am Ende waren es über 40 Beschäftigte eines Ministeriums in Wiesbaden, die daran teilnahmen. Denn eines ist gewiss: Nur die wenigsten Mitmenschen setzten sich frühzeitig mit dieser Frage frühzeitig auseinander, was passiert, wenn ein naher Angehöriger gepflegt werden muss. „Das ist die Normalität“, so Philipp: „Wenn der Fall dann eintritt, ist schnelle Hilfe gefragt.“ Dann kann man sich an die Mitarbeitenden vom Kompetenzzentrum und vom Pflegestützpunkt wenden.
„Das Kerngeschäft des Kompetenzzentrums bleibt natürlich die Beratung, bei der wir auf die vielfältige und jahrelange Arbeit und Erfahrung der Kolleginnen des Pflegestützpunktes bauen können. Wir rücken jetzt am neuen Standort noch enger zusammen, wodurch der fachliche Austausch noch besser funktioniert“, betont Ellen Philipp. „Davon profitieren unsere Kundinnen und Kunden“, ergänzen die Mitarbeitenden und: „Denn sie erhalten eine umfassende Beratung, denn jeder Fall stellt sich anders da, braucht auf die zu pflegende Person abgestimmte Lösungen.“
Welche Leistungen können in Anspruch genommen werden? Welche Pflege ist dann notwendig? Kann dies Zuhause geschehen oder in einer Pflegeeinrichtung? Wie ermittelt sich der Pflegegrad? Ellen Philipp: „Wir sind dann eine erste Kontakt- und Anlaufstelle und stehen für Beratungen bereit.“ Sie betont aber auch: „Jeder Fall ist einzigartig, oft auch sehr komplex und individuell und muss auf die jeweilige Lebenssituation des Betroffenen seiner Familien ausgerichtet sein.“ Oftmals sind Pflegebedürftigen auch alleinstehend, weshalb es spezieller Lösungen bedarf. Hier setzt das vom Land Hessen finanzierte Individuelle Case-Management ein, „mit dem pflegende Angehörige noch direktere praktische Hilfe und Begleitung erhalten“, so Carmen Mathias.
Wer den Begriff „Pflegebedürftigkeit“ hört, denkt häufig zuerst an Senioren, die altersbedingt auf Hilfe bzw. Pflege angewiesen sind. Aber auch Kindern können von einer Pflegebedürftigkeit betroffen und dann auf sogenannte Pflegehilfsmittel angewiesen sein.
Schwerpunkte der Arbeit sind neben Beratungen über Pflegeleistungen und Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag auch die Hinweise auf finanzielle Hilfen für Zuhause und in stationären Pflegeeinrichtungen. Dem Team geht es aber auch darum, Wissen zu vermitteln. „Wir werden hier in der Tannenwaldklinik Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen durchführen“, berichten beide. Zudem bieten die Räumlichkeiten in der ehemaligen Klinik auch die Möglichkeit für Ausstellungen in Kooperation mit Partnern aus dem Pflegebereich.
Um die umfangreiche Arbeit des Kompetenzzentrums Pflege der Öffentlichkeit vorzustellen, ist am Samstag, 6. Mai 2023, ein Tag der offenen Tür in den neuen Räumen in der Tannenwaldklinik in Bad Schwalbach vorgesehen. Umrahmt wird dieser Tag der offenen Tür unter anderem von einer Ausstellung, die über Leistungen sowie Pflegehilfsmittel für pflegebedürftige Kinder zusammen mit dem Sanitätshaus Kunz informiert. Auf die Gäste wartet ein interessantes Programm.
Weiterhin bietet das Kompetenzzentrum Pflege Sprechstunden ortsnah an. So gibt es sogenannte Außensprechstunden in Oestrich-Winkel, in Eltville in Aarbergen und ab März 2023 auch im Idsteiner Land, in Hünstetten, Idstein und Waldems. Los geht es am 9. März 2023 in Idstein, Haus der Älteren Mitbürger, in der Schulgasse in Idstein. Am 13. April 2023 ist das Team in Rathaus in Hünstetten-Wallbach und am 11. Mai 2023 in Waldems, Haus „Goldener Grund“, Im Brühl 1 in Waldems-Esch. Die Termine werden auf der Homepage des Kreises bekanntgegeben. Anmeldungen sind unter pflegestuetzpunkt@rheingau-taunus.de oder Telefon: 06124/510525 oder -527 möglich.
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Die neuen Räumlichkeiten des Kompetenzzentrums Pflege in der Tannenwaldklinik in Bad Schwalbach sind bezogen. Unter anderem bereiten die Mitarbeiterinnen (es fehlen Teammitglieder) den Tag der offenen Tür am 6. Mai 2023 vor.