Übergewinnsteuer
Angesichts der hohen Gewinne einiger Unternehmen und den Herausforderungen für unseren Staatshaushalt kommt öfters die Forderung nach einer sogenannten „Übergewinnsteuer“ auf. Es soll den Versuch darstellen, sogenannte „Übergewinne“ für den Staat abzuschöpfen, ohne das mal jemand definiert, was denn ein Übergewinn sein soll. Vielleicht haben Sie ein Solarpanel auf Ihrem Dach, oder sogar in eine Windkraftanlage oder in einen Solarpark investiert. Dann haben Sie lange Jahre gedarbt, gehofft und gerechnet, dass sich Ihre Investition irgendwann amortisiert, und in diesem Jahr erhalten Sie endlich die erhofften Gewinne, weil die Strompreise irre angestiegen sind. Sie erhalten „Übergewinne“ im Vergleich zu den Vorjahren. Soll der Staat Sie jetzt dafür bestrafen, dass Sie mutig in die Energiewende investiert haben, und diesen Gewinn abschöpfen? Sie haben Ihr Geld in eine klimafreundliche Zukunft investiert, womöglich dabei auf einen Urlaub oder auf eine Anschaffung verzichtet, und darauf gehofft, dass sich die Investition eines Tages einmal rechnet. Es wäre schlicht unfair, Sie dafür jetzt nachträglich abzustrafen, und es würde auch nachträglich Ihre Entscheidung für die Investition beeinflussen. Hätten Sie diesen Zugriff des Staates vorher gekannt, hätten Sie nicht Ihre Ersparnisse investiert. Nun behaupten die Befürworter einer Übergewinnsteuer, man wolle ja nur schädliche Dinge besteuern, und keine guten Übergewinne. Aber wer definiert denn, was schädlich ist, und was nicht? Die EU hat Atomkraft in ihrem jüngsten Taxonomie-Beschluss als grün, nachhaltig und klimafreundlich festgelegt. Verschonen wir also die Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland vor der Abschöpfung ihrer „Übergewinne“ aufgrund der explodierten Strompreise, weil Atomstrom ja als „gut“ definiert wurde? Dazu kommt: die großen Energiekonzerne wie beispielsweise EnBW, EON und RWE sind längst auch im Bereich erneuerbare Energien stark engagiert, betreiben riesige Windparks, große Solarfelder, aber eben auch Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke. Wie will man denn deren „Übergewinne“ zerlegen in gute und schlechte Gewinne? Erstens kann man in den Bilanzen gar nicht eindeutig erkennen, wie viel Gewinn aus Kohleverstromung, und wie viel aus erneuerbaren Energien kommt. Zweitens werden diese Konzerne im Fall einer Übergewinnsteuer alle großen Kostenblöcke (wie z.B. Verwaltungsgebäude, Lizenzkosten oder Fremdleistungen) einfach den „guten“ Gewinnen zuordnen und entgegenrechnen, um damit zu reagieren und einen Übergewinn zu verhindern. Auch Bundeskanzler Scholz weiß, dass dieses Konstrukt nicht funktionieren würde und hat vergangene Woche nochmal betont, wie groß seine Zweifel an der Idee sind.
Interessant dabei ist, dass dieselben Leute, die heute die Übergewinnsteuer einführen wollen, noch vor wenigen Jahren ein Verbot der Gentechnik verlangt hatten, mit deren Hilfe wiederum die Firma Biontech das Anti-Corona-Vakzin entwickelt hat und sprudelnde Gewinne einfährt. Sind also mit Gentechnik erzielte Gewinne schlechte Gewinne, und werden abgeschöpft? Dann wird in Deutschland künftig keiner mehr an Impfstoffen forschen, und Biontech wird ins Ausland abwandern.
Jeder Gewinn in Deutschland wird versteuert, das wird in der ganzen Diskussion gerne vergessen. Jeder Zusatz-Gewinn, auch „Über-Gewinn“, unterliegt der regulären Besteuerung durch unsere Finanzämter. Das ist auch gut so, und schafft Planbarkeit für jeden, der sein erspartes Geld investiert. Die Idee einer „Übergewinnsteuer“ ist noch völlig unausgegoren, und daher reiner Populismus. Würde sie kommen, schaden wir allen mutigen Menschen, die in diesem Land ihre Ersparnisse investiert haben.