Erwiderung auf einen offenen Brief der Grünen und eine Pressemitteilung der SPD
Liebe Befürworter*innen der Bebauung des Grundstückes „Hundskirch“,
Sie wollen mit der Bebauung der „Hundskirch“ bezahlbaren Wohnraum für Senioren oder Familien schaffen – eine grundsätzlich gute Absicht. Sie argumentieren, dass die 50%-Bebauung einen Kompromiss darstellen würde – auch das ist nachvollziehbar, liegt doch die 50 in der Mitte zwischen 0 und 100. Sie wollen den Rest des Autals unbebaut lassen – das hört sich für den Moment gut an. Daneben werfen Sie uns Unsachlichkeit vor – nun, das ist Ihre Meinung und Sie können gerne meinen, was Sie möchten.
Ihre ganze Argumentation zeigt jedoch, dass Sie noch gar nicht verstanden haben, wieso wir so energisch gegen jegliche Baumaßnahme im Autal kämpfen. Stefan Hauf z.B. erweckt den Eindruck, als sei die Bürgerinitiative die Sache einiger Anlieger. Das ist erstens sachlich falsch, denn einige von uns leben ziemlich weit weg vom Autal, und zweitens geradezu lächerlich, wenn man einen Blick auf die hohe Zahl der rund 2000 Unterzeichner*innen unserer Anliegen wirft. Sehr vorsichtig gerechnet haben wir es hier mit gut und gern 15% der Wahlberechtigten in Niedernhausen zu tun.
„Nur aufgrund von Täuschung haben so viele Menschen unterschrieben!“, wird nun der eine oder andere reflexartig rufen. Ja, ist das so? Hat die Bürgerinitiative „Grünes Autal“ die Menschen getäuscht? Tatsache ist, dass all die Pläne, ob es sich nun um die Bebauung der Hundskirch oder Straßen durch das Autal handelt, ja keine Produkte unserer verrückten Fantasie sind, die wir uns bei einem von Wahnsinn getriebenen Spaziergang entlang des Daisbachs zusammengesponnen hätten. Nein, all diese Pläne lagen oder liegen auf dem Tisch und es gab oder gibt Menschen mit Entscheidungsbefugnis, die diese Pläne unterstützen.
Das zeigt: Anders als die New Yorker ihren Central Park oder die Wiesbadener ihren Kurpark sehen viele mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Menschen das Autal nicht als schützenswerte grüne Oase mitten im Ort an, sondern als eine Art ungenutzten Raum, den man jenen, die ihn gern als Erholungsgebiet nutzen, noch eine Zeitlang gewährt, der aber, wenn es gilt, den ihrer Ansicht nach wirklich wichtigen Zwecken, nämlich Bauprojekten aller Art, zugeführt werden darf.
„Aber das will doch niemand!“, schreien Sie vielleicht genervt. Ja, Sie wollen es jetzt nicht, doch Sie vergessen dabei: Für jeden Zugezogenen, für jede neue Gemeindevertretung, für jede Generation ist der vorgefundene Zustand eine Art Urzustand. Für Sie ist es der Zustand mit Autalhalle, Rewe, Sportplatz usw., für die Künftigen ist es der Zustand mit der bebauten Hundskirch. Und so kann, immer nach einer gewissen Zeit, das Argument dasselbe sein: „Ach, das bisschen Bebauung beeinträchtigt doch den Rest fast gar nicht.“ Und so geht es weiter, weiter und weiter, bis das eintritt, was wir befürchten: Das Ende des Autals als Naherholungsgebiet.
„Panikmache!“ wird es jetzt heißen. „Nein“, erwidern wir. Sie rechnen es doch selbst vor: Ein Bedarf von 600 Wohneinheiten besteht bis 2040 in Niedernhausen. Die schon freigegebenen, flächenversiegelnden Baugebiete (allein rund 80.000 Quadratmeter auf der Farnwiese) decken nur den halben Bedarf. Und da dort auch wieder sündhaft teure Einfamilienhäuser entstehen, die die Fläche suboptimal ausnutzen, müssen – neben Baulücken etc. – andere Naturflächen angegriffen werden. Jetzt sollen es 2000 Quadratmeter im Autal sein – und danach? Sie sind sicher nicht so naiv zu glauben, dass in der Zukunft niemand mehr auf die Idee kommen wird, doch „nur noch ein kleines Stückchen“ im Autal zu bebauen. Wir erinnern nur daran, dass das Grundstück Hundskirch einst als Ausgleichsfläche für den Rewe-Markt gekauft und ausgewiesen wurde – und noch als solche gilt.
Wenn die Geschichte eines gezeigt hat, dann doch dies: Die Ankündigungen von Politikern dazu, worauf man sich verlassen könne, sind nicht viel wert. Mal gibt es Kostenexplosionen, weil schlampig geplant wurde, ein anderes Mal entwickelt sich aus einem unbedeutenden Virus, vor dem man sich nicht fürchten müsse, eine mehrjährige globale Pandemie – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Die Lehre ist jedoch eindeutig: Wer glaubt, das Autal bzw. der künftige Rest davon wäre in Sicherheit, weil Sie das jetzt sagen, der kann sein Haus auch auf Sand bauen. Fragen Sie sich selbst, wie unrealistisch folgende Aussagen aus den Mündern künftiger Lokalpolitiker sind:
- „Aufgrund einer neu bewerteten Situation reicht die Zufahrt über die Straße „In den Birkenwiesen“ leider doch nicht aus und wir müssen einen Teil des Fußwegs zur Straße machen – aber wirklich nur einen kleinen Teil, der Rest bleibt unangetastet!“ oder
- „Nun, da wir ja schon ein Stückchen Straße fertiggestellt haben, wäre es doch nur sinnvoll, für die Anwohner der Farnwiese eine direkte Straßenverbindung zum Bahnhof und zum Rewe zu schaffen, um die stets verstopfte Austraße zu entlasten – aber der Rest des Autals bleibt doch völlig unangetastet!“ oder
- „Die Autalstraße ist doch nun schon vorhanden, da wäre es aufgrund der angespannten Wohnsituation nur richtig, lediglich 2000 m² für eine sinnvolle Wohnbebauung entlang der Straße zu verwenden – der Rest bleibt natürlich unangetastet, das versichern wir Ihnen.“ oder
- „Es wäre ja völlig albern, diese kleine Wiese noch als schützenswertes Naherholungsgebiet zu bezeichnen. Was Niedernhausen wirklich braucht, ist ein Baumarkt. Wer uns da nicht zustimmt, ist ein unsachlich und emotional agierender Verhinderer!“
Damit wir uns nicht missverstehen: Natürlich sehen wir auch die Notwendigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – im Baugebiet Farnwiese wäre herrlich viel Platz dafür. In einer wachsenden Gemeinde wie Niedernhausen sehen wir aber auch, genauso wie in Städten, die Notwendigkeit einer gesicherten grünen Oase in der Ortsmitte und des Schutzes der umliegenden Wälder. Niedernhausen kann nicht unendlich wachsen, allein deshalb, weil in der Vergangenheit kolossale Fehlentscheidungen bei der Verkehrsplanung (sämtlicher Verkehr ab durch die Ortsmitte) und der Ansiedlung von Industrie und Gewerbe getroffen wurden (siehe Fa. Hartmann, wegen der riesige LKW durch die viel zu kleine Austraße stottern). Die Straßen können nicht noch viel mehr Autos aufnehmen und als Fahrradfahrer im Ortskern muss man jetzt schon einigen Mut haben. Was Sie vorhaben, ist Stückwerk ohne sinnvolle Perspektive. Das können und wollen wir nicht unterstützen. Dagegen müssen wir uns wehren. Wir wollen unser Autal erhalten – für uns, für Sie und für die kommenden Generationen.
Stefan Krissel