Regionale Berufsprognose zeigt Zuspitzung von Fachkräfteengpässen im Rheingau-Taunus-Kreis auf
Die demografische Entwicklung ist einer der wichtigsten Treiber der regionalen Arbeitsmärkte in Hessen. Hinzu kommen die Auswirkungen der Pandemie, des Angriffskrieges auf die Ukraine und der Digitalisierung. „Der altersbedingte Ersatzbedarf, der durch das berufliche Ausscheiden der sogenannten Babyboomer-Generation entsteht – in Deutschland betrifft das hauptsächlich den Zeitraum der geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969 – führt zu einer kontinuierlich steigenden Nachfrage nach Arbeits-, Fach- und Führungskräften“, teilt Landrat Frank Kilian mit und weiter: „Gleichzeitig treten immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein. Dabei sind die heutigen Fachkräfteengpässe sicherlich noch nicht die Spitze des Eisberges“.
Im Rahmen der Hessischen Fachkräfteinitiative „Zukunftsgerecht und regional: Fachkräftesicherung in Hessen“ hat das vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration und durch die Stabsstelle Fachkräftesicherung beauftragte Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zunächst 26 Dossiers für alle hessischen Regionen erarbeitet (Infos: https://www.hessische-berufsprognosen.de). Diese wurden am 19. Januar öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Darin sind Analysen zur Ausgangslage, Prognoseergebnisse und Handlungsansätze enthalten. „Das Land unterstützt damit praxisorientiert die regionalen Arbeitsmarktakteure, um die notwendige Transparenz zu schaffen, aber auch um neue Fachkräftestrategien zu entwickeln oder bereits bestehende zu schärfen und mittelfristig auszurichten,“ so Landrat Kilian weiter.
„Die regionale Arbeitsmarkt- und Berufsprognose, die Zahlen bis zum Jahr 2028 zur Verfügung stellt, rechnet dabei mit einem Fehlen von Arbeits- und Fachkräften in einer Größenordnung von knapp 6.000 Personen“, berichtet Achim Staab, der Wirtschaftsförderer des Rheingau-Taunus-Kreises. „Das sind etwa elf Prozent der im Jahr 2021 im Kreis sozialversicherungspflichtig oder geringfügig Beschäftigten.“ Achim Staab weiter: „Die Zahl der jährlichen Renteneinritte wird sich nach den Prognosen von zirka 880 Personen im Jahr 2022 auf über 1.500 Personen im Jahr 2029 erhöhen.“ Hochgerechnet ergibt dies die Anzahl von 13.380 Personen. Laut der Prognose für den Zeitraum treten jedoch nur etwa 9.740 Menschen in den Arbeitsmarkt ein: „Es entsteht eine Lücke, die nach derzeitigem Stand nicht kompensiert werden kann“.
Da zudem für die kommenden Jahre ein leichtes wirtschaftliches Wachstum vorhergesagt wird, steigt der Bedarf an Fachkräften bis zum Jahr 2028 um weitere 2.350 Personen an. Kilian: „Es droht die Gefahr, dass sich der Fachkräftemangel verstetigt und sich die Lücken aufsummieren.“
Frank Kilian: „Um auf einzelne Branchen einzugehen, wird ein weiterer starker Fachkräftemangel vor allem für die sozialen Berufe im Bereich Erziehung und der Pflege sowie für das Handwerk erwartet. Hohe Defizite an Fachkräften finden sich zudem in der Logistik sowie bei den Berufen im Bereich Tourismus-, Hotel- und Gaststätten.“ „Sowohl bei Personen mit einer beruflichen Qualifizierung in einer Größenordnung von 4.450 fehlenden Beschäftigten als auch bei jenen mit einem akademischen Abschluss in einer Größenordnung von 1.360 werden große Lücken an Beschäftigten prognostiziert“, ergänzt Achim Staab. Hinzu kommen noch die Personen ohne Berufsausbildung.
Um Handlungsansätze zu entwickeln, bietet die Stabsstelle Fachkräftesicherung auf Basis der regionalen Prognosen in allen hessischen Regionen Zukunftswerkstätten an. Hier können Akteurinnen und Akteure aus der Arbeitswelt – insbesondere aus den kommunalen Wirtschaftsförderungen, Kammern, Verbänden, Arbeitsagenturen, Jobcentern, Ausländerbehörden, Berufsschulen, Hochschulen sowie aus Betrieben, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen – auf der Basis der Prognosedaten, eine Bewertung des regionalen Arbeitsmarktes vornehmen und eine zukünftige Fachkräftesicherungsstrategie entwickeln. „Neben den Regionaldossiers liegen für das Kreisgebiet die Ausbildungs- und Arbeitsmarktstrategie und der Masterplan Demografischer Wandel 2030 als Basisgrundlagen vor“, informiert der Landrat und berichtet: „Die erste Veranstaltung im Rheingau-Taunus-Kreis ist für Mittwoch, 26. April 2023, in Planung.“
Landrat Kilian abschließend: „Die Akteure und Akteurinnen im Arbeitsmarktgeschehen, auch die Kreisverwaltung selbst, sind mehr denn je gefordert, sich des Themas intensiv anzunehmen und um gezielte Strategien zu entwickeln. Ressourcenbündelung, die Nutzung von Synergien und neue Wege der Erschließung von Beschäftigtenpotenzialen stehen dabei im Vordergrund“.